Delitzsch

Delitzsch
I
Delitzsch,
 
1) Kreisstadt im äußersten Nordwesten von Sachsen, 94 m über dem Meeresspiegel, in der Leipziger Tieflandsbucht, 27 000 Einwohner; Ausbesserungswerk der Deutschen Bahn AG, Zucker-, Schokoladen-, Dämmstoff- und Wellpappenfabrik.
 
 
Gut erhaltener Altstadtkern aus dem 14. Jahrhundert, von der ihn umgrenzenden mittelalterlichen Stadtbefestigung sind Teile der Stadtmauer, des Wallgrabens und Stadttürme erhalten; gotischen Stadtkirche Sankt Peter und Paul (1404-1499); spätgotische Pfarrkirche Sankt Marien (1518) mit Flügelaltar (Anfang 16. Jahrhundert); spätgotische Spitalkirche (begonnen 1516), Flügelaltar (1520); Renaissanceschloss (16. Jahrhundert, barock erneuert um 1690; Schlossmuseum).
 
 
1145 als Burgsiedlung Dẹlce, 1207 als Dielitz belegt; um 1200 Markt- und Stadtrecht. 1291 kam Delitzsch an die Markgrafen von Brandenburg, danach an die Herzöge von Braunschweig, 1347 an die Wettiner. Seit 1485 albertinisch, war Delitzsch 1692-1701 und 1731-34 Witwensitz des Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Merseburg. 1815 kam Delitzsch an Preußen.
 
 
 2) Landkreis im Regierungsbezirk Leipzig, im Nordwesten von Sachsen, grenzt im Westen und Norden an Sachsen-Anhalt, 852 km2, 129 100 Einwohner. Der Kreis Delitzsch liegt in der Leipziger Tieflandsbucht und reicht östlich der Mulde bis zum Naturpark Dübener Heide. Um Delitzsch prägen Restlöcher des 1980-92 hier betriebenen Braunkohlenabbaus in drei Tagebauen die Landschaft; die dadurch verursachten Umweltschäden werden mit hohem Aufwand beseitigt, ehemalige Tagebaurestlöcher werden zu Erholungsseen umgestaltet. Die Wirtschaft wird durch Betriebe der Bau- und Baustoffindustrie, der Metallverarbeitung, des Maschinen- und Anlagenbaus, der Nahrungsmittel-, chemische und Möbelindustrie sowie der Landwirtschaft bestimmt. An der Autobahn Berlin-Nürnberg nahe von Leipzig und Halle (Saale) entwickelten sich große Gewerbegebiete und Märkte (Glesien, Wiedemar, Zwochau). Bei Eilenburg entstand 1994 eine Papierfabrik. Große Bedeutung hat die Dübener Heide als Naherholungs- und Kurgebiet (Zentrum Bad Düben). Neben der Kreisstadt Delitzsch haben Schkeuditz (internationaler Flughafen Halle-Leipzig), Eilenburg, Taucha und Bad Düben Stadtrecht. - In den Landkreis Delitzsch wurde am 1. 8. 1994 der Kreis Eilenburg (mit Ausnahme von fünf Gemeinden) eingegliedert.
 
II
Delitzsch,
 
1) Franz, evangelischer Theologe, * Leipzig 23. 2. 1813, ✝ ebenda 4. 3. 1890; Professor in Leipzig (1844), Rostock (1846), Erlangen (1850) und Leipzig (1867), Förderer der Judenmission, die für ihn im christlichen Liebesgebot begründet war; gründete 1886 das Institutum Judaicum in Leipzig (nach seinem Tod auch »Delitzschianum« genannt). Delitzsch verstand seine durch eine kritische Grundhaltung gegenüber der historisch-kritischen Forschung geprägten wissenschaftlichen Arbeiten zum Alten Testament als Möglichkeit, innerhalb der Kirche ein besseres Verständnis für die jüdische Religion und Geschichte zu wecken; andererseits wollte er mit seiner Übersetzung des Neuen Testaments ins Hebräische (1877) Juden einen Zugang zu den Quellen des christlichen Glaubens eröffnen.
 
Werke: Vier Bücher von der Kirche (1847); System der biblischen Psychologie (1855); Biblische Commentar über das Alte Testament, 6 Bände (1864-75; mit C. F. Keil); Übersetzung des Neuen Testaments ins Hebräische (1877, 131928).
 
 2) Friedrich, Orientalist, * Erlangen 3. 9. 1850, ✝ Langenschwalbach (heute Bad Schwalbach) 19. 12. 1922; wurde 1877 Professor in Leipzig, 1893 in Breslau, 1899 in Berlin und war führend in der Erforschung von Sprachen des Alten Orients. Seine Vorträge über »Babel und Bibel« (3 Bände, 1902-05) führten zu Polemiken gegen den Panbabylonismus.
 
Werke: Assyriologische Bibliothek, 25 Bände (1881-1920; mit P. Haupt); Assyrische Grammatik (1889); Beitrag zur Assyriologie, 10 Bände (1889-1914; mit P. Haupt); Assyrisches Handwörterbuch, 4 Teile (1894-96).

Universal-Lexikon. 2012.

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